Das Fleisch im Hundenapf

Zuletzt aktualisiert am 27. Juli 2023

Viel Fleisch im Hundenapf ist nach wie vor Trend. Die Fleischproduktion wird dieser Tage jedoch hart kritisiert. Man redet von Tierwohl bzw. davon, dass es den Tieren in der Massentierhaltung alles andere als “wohl” ergeht. Man redet davon, dass die Menschen ihren Fleischkonsum massiv einschränken müssen, wenn die Zustände sich verbessern sollen. Aber – wie sieht das mit unseren Hunden aus?

Barfen ist ja nach wie vor ein Trend und viele Menschen glauben, ein Hund, der ja schließlich wie sein Urvater der Wolf ein Fleischfresser wäre, MÜSSTE ganz viel Fleisch fressen.

Ehrlich gesagt – ich wundere mich da immer ein bisschen, wie man von “naturnaher Fütterung” sprechen kann, wenn man seinen Hund mit Fleisch aus einer Massenproduktion füttert.

Was ist an der heute praktizierten Intensivtierhaltung “naturnah”?

Ich frage mich auch immer ein wenig, wo da der “gesunde Menschenverstand” bleibt. Jeder, der ein bisschen Geschichtskenntnis hat, der weiß, dass der Durchbruch der Industrialisierung kaum 100 Jahre her ist und die Massentierhaltung gerade etwa 60 Jahre auf dem Buckel hat.

Man weiß, dass Fleisch davor ein Nahrungsmittel war, das den Menschen nicht in allzu großen Mengen zur Verfügung stand. Wie soll es da möglich gewesen sein, seinen Hund zu Barfen?

So richtig kann ich mir das nicht vorstellen … die Menschen haben das bisschen Fleisch, das sie zur Verfügung hatten, in den Hundefutternapf geworfen und sich selber … von Luft und Liebe ernährt?

Ist Bio-Barf die Lösung?

Wer als Barfer argumentiert, er würde seinen Hund doch nur mit Biofleisch füttern, der vergisst einen wichtigen Punkt. Biofleisch steht logischerweise nicht in den riesigen Mengen zur Verfügung wie das Fleisch aus der Intensivtierhaltung. Zudem ist Bio auch nicht immer besser.

Ist viel Fleisch im Hundenapf mit Bio besser?

Würden alle, die ihren Hund barfen, Biofleisch nutzen wollen, hätten sie ein Problem, weil es so viel Biofleisch nicht gibt.

Irgendwie kann da also etwas nicht stimmen, an der Aussage, ein Hund müsste ganz viel Fleisch fressen. Und – wie schon gesagt – von naturnah kann wohl kaum die Rede sein, wenn ich dem Hund Fleisch gebe von einem Tier, das sein Leben lang keinen Grashalm und kein Tageslicht gesehen hat.

Straßenhunde gehen nicht in den Wald!

Auch wenn man sich anschaut, wovon sich Straßenhunde ernähren, kommt man nicht wirklich zu der Schlussfolgerung, dass Fleisch in großen Mengen für Hunde überlebenswichtig wäre.

Obwohl sie ja eigentlich die Wahl hätten, entscheiden sie sich nicht, ihrem Ursprung entsprechend wieder zum absoluten Jäger zu werden. Sie tun, was sie quasi schon immer taten: mit den Menschen und weitgehend von ihren Resten leben. Und in diesen Resten finden sich eher keine riesigen Fleischberge.

Brauchen Hunde massenweise Fleisch im Hundenapf?

Nahrungsmittel dienen in erster Linie dazu, den Organismus mit den Nährstoffen zu versorgen, die er benötigt, um seinen umfangreichen Aufgaben nachkommen zu können. Fleisch ist in erster Linie ein guter Proteinlieferant, allerdings ist gar nicht so viel Protein nötig, wie es heutzutage beim Hund gerne suggeriert wird.

Hinzu kommt, dass auch andere Nahrungsmittel Proteine liefern. Proteine bestehen aus Aminosäuren und diese Aminosäuren sind es eigentlich, die der Organismus benötigt. Mit diesen Aminosäuren baut der Organismus seine eigenen Proteine, wie er sie für die Vorgänge im Körper braucht. Dafür ist es wichtig, dass er alle Aminosäuren bekommt, die gebraucht. werden.

Aminosäuren sind wie Buchstaben!

Aminosäuren sind wie Buchstaben, aus denen man Wörter bilden kann. Damit man alle benötigten Wörter bilden kann, muss man auch über alle dafür erforderlichen Buchstaben verfügen. Fehlt z. B. das E, kann man recht viele Wörter nicht mehr bilden.

Ungefähr so ist es mit den Aminosäuren. Diese müssen in der richtigen Zusammensetzung und ausreichender Menge verfügbar sein. Tierische Proteine liefern genau diese optimalen Zusammensetzungen und zwar sowohl für uns Menschen als für unsere Hunde. Aber auch pflanzliche Nahrungsmittel können die Zusammensetzung bereichern, so dass man durch eine Kombination von pflanzlichen und tierischen Proteinen eine gute Versorgung mit allen benötigten Aminosäuren erreichen kann.

Und natürlich kann man auch andere tierische Nahrungsmittel für die Versorgung mit Proteinen nutzen, wie Eier und Milchprodukte.

Reduzier doch mal!

Möchtest du deinen Hund gerne nachhaltiger füttern und die Massentierhaltung nicht länger über den Futternapf fördern?

Dann kannst du den Fleischanteil im Napf möglicherweise ein gutes Stück weit reduzieren und diesen geringeren Anteil mit Fleisch gestalten, das aus artgerechter Nutztierhaltung stammt.

Viel Fleisch im Hundenapf muss nicht sein
Rationsbeispiel mit ca. 40 % Fleisch, einem Reste-Ei, Süßkartoffeln und Möhren.

Das folgende Beispiel zeigt dir anhand von Zahlen wie das aussehen kann und vor allem, dass dein Hund auch dann gut versorgt sein kann, wenn er nicht mit viel Fleisch im Hundenapf gefüttert wird.

Beispielrechnung für einen Hund, 20 kg Körpergewicht

Proteinbedarf: ca. 51,7 g

Futtermenge: die vermutete Futtermenge (man kann vereinfacht eine Futtermenge von 2-4 % für einen erwachsenen Hund unterstellen, ich habe hier mit dem Mittelwert 3% gerechnet) liegt bei 600 g. Wie du für deinen Hund die Futtermenge etwas genauer berechnen kannst, habe ich HIER erläutert.

Der Proteinbedarf könnte beispielsweise gedeckt werden mit:

  • 210 g Rindfleisch (ca. 49 g Protein)
  • 210 g Kartoffeln (ca. 5 g Protein)
  • 180 g Möhren und Zucchini (ca. 3 g Protein)

= 600 g Gesamtration (ca. 57 g Protein)

Der Proteingehalt würde hier bei etwa 57 g liegen, davon müsste man natürlich noch ein kleines bisschen abziehen, wegen Verlusten in der Verdaulichkeit. Trotzdem läge man noch im grünen Bereich.

Wie hoch wäre nun der tierische Anteil in der Gesamtration?

210 g Fleisch in 600 g Gesamtration sind 35 % vom Gesamtanteil. Wie du siehst, kann man den tierischen Anteil also ruhig geringer halten, als oft empfohlen wird (z.B. Futtermittel mit 80 % tierischem Anteil), ohne dass der Hund dadurch ein Protein-Defizit hat. Nicht vergessen sollte man dabei, wie schon gesagt, dass auch die pflanzlichen Nahrungsmittel Proteine liefern, wie das Beispiel gezeigt hat.

→ Wenn der tierische Anteil bei 40-50 % liegt, ist die Proteinversorgung gewährleistet

Viel hilft nicht viel!

Mancher mag vielleicht denken, je mehr von den Proteinen, desto besser. Das ist jedoch nicht der Fall. Eine Überversorgung mit Proteinen bringt keinen Vorteil. Im Gegenteil – sie kann Leber und Nieren belasten.

Mach mal halblang!

Also mach ruhig mal halblang. Wie du siehst, müssen es gar nicht die 80 % Fleisch im Hundenapf sein, schon 40 % reichen völlig aus, um deinen Hund gut mit Proteinen zu versorgen. Es ist sogar möglich, den Hund ganz ohne Fleisch gut zu versorgen, wenn man es richtig anstellt. HIER findest du Informationen zur vegetarischen Ernährung von Hunden.

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13 Kommentare

  1. Hallo Anke,
    ich habe letztens die Antwort bekommen, dass es doch gut ist wenn Hunde unsere Fleischreste und somit fleischreich fressen, sonst würde es verbrannt oder entsorgt werden. Da Nutztiere ja keine Fleischreste mehr bekommen dürfen seit BSE… Was wäre deine Antwort darauf?
    Toller Blog!
    Liebe Grüße,Mareike

    • Hallo liebe Mareike,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, das ist in der Tat ein oft gewähltes Argument, das eigentlich zerfällt, wenn man es näher betrachtet.

      Fleischreste, wie wir sie heute haben, gibt es nur, weil es die Massentierhaltung gibt. Und weil die Menschen aufgrund der Massen, die ihnen spottbillig zur Verfügung stehen, sehr wählerisch geworden sind. Noch vor rund 100 Jahren aßen die Menschen im Durchschnitt ca. 14 kg Fleisch im Jahr. Und – sie aßen fast alles vom Tier. Da blieb für den Hund wenig bis nichts übrig. Die Massentierhaltung hat ihren Anfang in den Nachkriegsjahren und erreichte den Höhepunkt mit ca. 80 kg Fleisch pro Jahr und Kopf in den 70er Jahren. Mit der Menge wurden die Menschen auch immer wählerischer und es wurde vom Tier nur noch wenig mehr als die Hälfte gegessen. Dass man auf die Idee kam, Pflanzenfressern Tiermehl zu geben, lag wohl nahe, da man so noch billiger produzieren konnte, war aber logischerweise keine so gute Idee. Es kann natürlich durchaus sein, dass man so auf den Hund gekommen ist (der Barftrend wurde von der Futtermittelindustrie ja durchaus aufgegriffen und viel Fleisch im Hundefutter wurde gehypt), der sich nach dem Rind nun als guter Resteverwerter eignen konnte, zumal man ihn als Nachkomme vom Wolf leicht als Fleischfresser einordnen konnte.

      Das ändert aber ja nichts ander Tatsache, dass der Fehler im System die Massentierhaltung ist. Wir quälen Tiere, damit wir die Hälfte von dem Fleisch, das durch sie produziert wird, in den Müll werfen können. Die Lösung ist doch dann nicht, den Hund damit zu füttern (der das defintiv nicht braucht), sondern die Massentierhaltung abzuschaffen und dann in Kauf zu nehmen, dass man weniger Fleisch zur Verfügung hat. Damit sich etwas ändert, ist das Verhalten der Verbraucher wichtig. Solange aber so viele Menschen bedenkenlos Fleisch aus dieser verachtenswerten Tierhaltung kaufen, haben die Hersteller keinen Grund, ihr Verhalten zu ändern. Dass die Politik einschreitet, darauf können wir sicher noch lange warten.

      Für die meisten Hunde ist es eher nicht gesund, sie mit großen Mengen solcher Reste zu füttern. Diese Reste enthalten oft hohe Anteile Bindegewebe und wirken so belastend auf den Verdauungstrakt. Das Fleisch aus der Massentierhaltung ist auch nicht wirklich gesund, da es mit Medikamenten belastet sein kann, multiresistente Keime übertragen kann und Entzündungen fördert aufgrund seiner Nährstoffzusammensetzung. Die Massen, die man mittlerweile für Hunde benötigt (die zudem oft keine Reste mehr sein sollen, weil immer mehr Menschen ihrem Hund hochwertiges Muskelfleisch füttern wollen), sind mit Resten alleine nicht mehr abzudecken. Das heißt, auch für unsere Hunde sterben mittlerweile Tiere. In Studien hat man ermittelt, dass Hunde und Katzen aufgrund des hohen Fleischkonsums das Klima belasten.

      Meine Mutter war ein Nachkriegskind und hat in ihrer Kindheit noch Hunger kennengelernt. Daraus resultierte, dass sie nie etwas wegwerfen wollte und immer unsere Teller leergegessen hat. So wurde sie übergewichtig und später nicht zuletzt deshalb krank. Ein viel gesünderer Weg wäre sicher gewesen, einfach weniger zu kochen und auf die Teller zu füllen, damit weniger übrig bleibt …

      Liebe Grüße
      Anke

      • Liebe Anke, vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Manchmal weiß man vor lauter (Gegen-)Argumenten garnicht mehr an was man glauben soll. Da hilft es doch einfach auf den gesunden Menschenverstand zu hören, dass hast du gerade bestätigt. Ich danke Dir für deine Arbeit und hoffe das Du damit immer mehr Menschen und Hundehalter erreichst!
        Liebe Grüße,Mareike

  2. Liebe Anke,
    Ich ernähre meine Hunde schon länger nach deinem Buch, ich habe aber bei dem 2jährigen großen Rüden das Problem, dass er offensichtlich einen ziemlich hohen Kalorienbedarf hat und deshalb schnell zu dünn wird. Fleisch hat ja mehr Kalorien als Gemüse oder Kartoffeln (etc), ich habe jetzt versucht, den Fettanteil im Fleischanteil zu erhöhen, indem ich Rinderfett dazu füttere. Auch bekommt er einen Teil Trockenfutter, weil er sonst auch zu dünn wird. Gibt es sonst noch etwas, das ich tun kann, ohne mehr Fleisch zu füttern?
    Liebe Grüße
    Stefanie

    • Hallo liebe Stefanie,

      natürlich ist die Futtermenge, die der Hund benötigt, auch eine individuelle Angelegenheit. Wie verstoffwechselt wird, kann sehr unterschiedlich sein. Daher muss man zum einen natürlich ein wenig experimentieren, bis man die ideale Gesamtfuttermenge gefunden hat. Gemüse spielt bzgl. der Kalorien natürlich qausi gar keine Rolle, da es kaum Kohlenhydrate oder auch Fett enthält. Neben der Erhöhung der Mengen kannst du auch versuchen, die Nährstoffverwertung zu verbessern, beispielsweise mit EM. Das könntest du deinem Hund einmal kurweise geben und schauen, ob sich die Verwertung weiter verbessert.

      Liebe Grüße, Anke

  3. Sehr geehrte Frau Jobi,

    vielen Dank für Ihren informativen und gut recherchierten Blogbeitrag “Das Fleisch im Hundenapf”. Sie haben das Thema Fleischkonsum bei Hunden sehr umfangreich und differenziert dargestellt, was ich sehr schätze.

    Ihre kritische Auseinandersetzung mit der Massentierhaltung und der daraus resultierenden Fütterungspraxis vieler Hundehalter ist sehr aufschlussreich und regt zum Nachdenken an. Besonders interessant fand ich Ihre Ausführungen zur naturnahen Fütterung und den Unterschieden zwischen der heutigen Fleischproduktion und der ursprünglichen Ernährung von Hunden.

    Ihr Beitrag bietet eine hervorragende Orientierungshilfe für Hundebesitzer, die eine nachhaltigere und gesündere Ernährung für ihre Vierbeiner suchen. Die konkreten Rationsbeispiele sind sehr hilfreich und praktisch umsetzbar.

    Ich freue mich auf weitere Beiträge von Ihnen zu diesem wichtigen Thema.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Arthur

  4. Hallo Anke, das Thema scheint mir eine unendliche Geschichte zu sein. Jeder hat seine Meinung dazu! Dass viele Hunde übergewichtig sind, ist leider so. Weniger Futter würde da schon viel helfen. Abgesehen von der Bewegung die so manchem Herrchen oder Frauchen auch gut tun würde.

    VlG Jens

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