Zuletzt aktualisiert am 17. Dezember 2022
Die Darmflora von Hunden spiegelt die enge Verbindung zum Menschen wider! Welche Auswirkungen hat das auf die Ernährung und Erkrankungen? … Aber fangen wir am Anfang an. Hunde gelten als der beste Freund des Menschen. Sie leben schon viele tausende Jahre an unserer Seite. Wie es zur Domestizierung des Hundes gekommen ist und wie lange das konkret her ist, sind Rätsel, die die Wissenschaft nach wie vor nicht vollständig geknackt hat.
Hund und Mensch – eine soziale Verbindung?
Neueren Thesen zufolge soll die Domestikation des Hundes als ein aktiver sozialer Prozess von beiden Seiten zu verstehen sein. Der Wolf soll nicht zum Menschen gekommen sein, um sich an seinen Resten gütlich zu tun. Ihr Zusammenleben und -arbeiten, das aufgrund ihrer ähnlichen sozialen Struktur möglich war, soll ein evolutionärer Vorteil für beide gewesen sein.
Zudem könnte es sich bei dieser aktiven sozialen Domestikation des Hundes um einen epigenetischen Effekt handeln. Die Epigenetik (Genetik = Wissenschaft von der Vererbung, Epigenese = nachträgliche Entstehung) ist eine Art Bindeglied zwischen den Genen und der Umwelt. Es geht also darum, inwieweit die Gene durch äußerliche Einflüsse verändert werden.
Der Hund also doch kein Restefresser?
Wären es Reste gewesen, die die Wölfe zu den menschlichen Lagern gelockt hätten, müsste man sich nach Neurologin Daniela Pörtl und Biologe Christoph Jung, von denen die These stammt, eine Frage stellen: Wieso waren es die Wölfe, die domestiziert wurden und nicht andere Tiere, welche weniger gefährlich waren, wie z. B. Füchse. Zudem würden die Menschen eher nicht absichtlich Raubtiere zu ihrem Lager gelockt haben, indem sie in der Nähe die noch dazu sehr wenigen Reste ihrer Mahlzeiten deponiert hätten.
Demzufolge wären die Hunde nicht als “Schmarotzer” entstanden, sondern weil eine soziale Verbindung eingegangen wurde. Diese soziale Verbindung macht es wohl auch wahrscheinlich, dass die Menschen ihr Essen mit dem Partner Hund geteilt haben. Darauf deuten auch die Anpassungen auf Nahrungsmittel, die Hunde ähnlich wie wir Menschen durchlaufen haben. Und zwar regional unterschiedlich. Ein Resteverwerter ist/war der Hund wohl doch, nur vielleicht anders als gedacht.
Die Darmflora von Hund und Mensch
Dass alle Krankheiten im Darm beginnen, wusste schon der griechische Arzt Hippokrates vor mehr als 2000 Jahren zu verkünden. Er gilt als der als Begründer der Medizinwissenschaften. Wissenschaftliche Erkenntnisse dazu lieferte das Humanmikrobiomprojekt (HMP), welches 2008 an den Start ging. Nur wenige Jahre später hatte das HMP herausgefunden, dass sich im Körper fast zehnmal mehr Bakterien als Körperzellen befinden und dass das mikrobielle Genom hundertmal mehr genetische Informationen als das Erbgut des Menschen enthält.
Als Mikrobiom oder ganz korrekt Mikrobiota bezeichnet man die Gesamtheit der Mikroorganismen (vor allem Bakterien), die einen Organismus besiedeln. Zum Mikrobiom gehören primär die Bakterien des Darms (Darmflora), aber auch die von Haut, Urogenitaltrakt, Mund, Rachen und Nase. Beim Hund finden sich im Darm vorrangig die Bakterienstämme:
- Firmicutes
- Bacteroidetes
- Fusobacteria
- Proteobacteria
- Actinobacteria
Die fünf häufigsten Bakteriengruppen im menschlichen Organismus sind:
- Firmicutes
- Bacteroidetes
- Fusobacteria
- Proteobacteria
- Actinobacteria
Was auf den ersten Blick verblüfft, täuscht nicht. In einer Untersuchung, deren Ergebnisse Anfang 2018 im Fachblatt „Microbiome“ veröffentlicht wurden, zeigte sich, dass die Darmflora des Hundes mit der menschlichen große Ähnlichkeiten aufweist. Viel mehr z. B. als mit der von Schweinen oder Mäusen.
Weiter stellte man fest, dass die hündische Darmflora auf Ernährungsumstellungen ähnlich reagiert, wie die menschliche. Man vermutet, dass diese Ähnlichkeit dadurch entstanden ist, dass die Ernährung der Hunde im Laufe der Domestikation an die der Menschen angepasst wurde.
Individuelle Unterschiede der Darmflora
Trotzdem gibt es natürlich individuelle Unterscheide. Jedes Mikrobiom – also jede Darmflora – ist individuell. Ihre Zusammensetzung hängt von vielen Faktoren ab, wie z. B.:
- Herkunftsort
- Eltern
- Geburt
- Ernährung (regionale Unterschiede!)
- Umwelt
- Medizinische Versorgung
Die Zusammensetzung der Bakterienbesiedlung ist von all diesen Faktoren abhängig und kann sich im Laufe der Zeit verändern. Wobei eine Art Stammbesiedlung in den ersten Lebensjahren (Mensch) bzw. Lebensmonaten (Hund) entsteht.
Wie man mittlerweile weiß, ist die Darmflora an einer Vielzahl Krankheiten beteiligt. Selbst wenn es nicht offensichtlich ist, wie z. B. bei Hauterkrankungen wie der atopischen Dermatitis, kann ein entstandenes Ungleichgewicht im Darm eine Rolle spielen.
Was braucht die Darmflora?
Wie in dieser Untersuchung festgestellt, reagiert die hündische Darmflora ähnlich wie die menschliche. Eine gesunde Darmflora kann auch leichte Unregelmäßigkeiten gut vertragen, bzw. regeneriert sich mit der Zeit wieder eigenständig.
Eine “gesunde” Darmflora besteht zudem immer nicht nur aus “gesunden” Bakterien, sondern enthält auch einen gewissen Anteil potentiell pathogener Keime. Diese haben zum Teil auch gute Funktionen, dürfen sich nur nicht ungebremst vermehren, weil dann ihre pathogenen Eigenschaften zum Tragen kommen können. Zudem agieren sie für die guten Keime als Trainingspartner, damit diese im Falle einer Infektion reagieren können. Das ist natürlich alles sehr laienhaft ausgedrückt.
Damit die guten Keime entsprechend agieren können und den Organismus bestmöglich unterstützen können, müssen sie entsprechend gut versorgt werden. Welche Nahrung sie benötigen, ist davon abhängig, wie die Bakterienbesiedlung aussieht. Wie bei uns Menschen gibt es da auch beim Hund Unterschiede, die mit seiner Herkunft zusammenhängen.
Das Mikrobiom eines Eskimos sieht definitiv anders aus, als das eines Europäers. Je naturnaher die Ernährung gestaltet ist, z. B. auch an saisonale Unterschiede angepasst, desto vielfältiger ist die Darmflora. Ein Fleischfresserdarm ist anders besiedelt, als der eines Veganers.
Beim Menschen unterscheidet man drei Darmtypen:
- Bei Typ 1 dominieren Bacteroides-Bakterien (zählen zum Stamm der Bacteroidetes), die spezialisiert sind auf Energiegewinnung aus Mehrfachzucker, tierischen Eiweißen und gesättigten Fettsäuren (meist Fleischesser)
- Der Typ 2 favorisiert Prevotella-Bakterien (zählen zum Stamm der Bacteroidetes), die spezialisiert sind auf Abbau der Zucker-Protein-Komplexe, die sich im Schleim der Darmschleimhaut befinden (meist Veganer und Vegetarier)
- Typ 3 trägt vor allem Ruminococcus-Bakterien (zählen zum Stamm der Firmicutes), welche ebenfalls Proteine aus dem Darmschleim abbauen und besonders effektiv dabei entstehende Zuckermoleküle nutzen können. Dies ist der häufigste Darmtyp (meist Allesesser)
Sind Hunde Fleischfresser?
Ob Hunde nun Fleischfresser sind oder nicht, wird heiß diskutiert. Diese Diskussion geht aber eigentlich an der richtigen Frage vorbei. Bei der Unterstellung bezieht man sich einzig auf die Abstammung des Hundes vom Wolf. Doch selbst dieser wird nicht als strikter Fleischfresser eingeordnet, wie z. B. ein Löwe.
Hunde haben sich im Laufe der Domestikation entsprechend den regionalen Ernährungsweisen der Menschen angepasst. Insofern muss man nicht die Frage stellen, ob der Hund ein Fleischfresser ist, sondern wo er herkommt, um die Frage zu beantworten, welche Nahrungsmittel seinen Darm entsprechend unterstützen können. Wie man sich der Frage Fleischfresser oder Allesfresser plausibel annähern kann, habe ich HIER erläutert.
Präbiotika auch für den Hund?
Präbiotika sind Ballaststoffe (Kohlenhydrate, die nicht enzymatisch abgebaut werden), die vielen guten Bakterien als Nahrung dienen. Ein Hund, der an eine Fütterung mit relativ großen Mengen pflanzlicher Nahrungsmittel angepasst ist, wird in seinem Darm wohl auch viele Bakterien beherbergen, die entsprechend versorgt werden müssen.
Dass Präbiotika bei vielen Hunden Wirkung zeigen, wurde in Studien mehrfach untersucht. Man hat sogar festgestellt, dass Hunde, die ein Trockenfutter mit einem entsprechenden Anteil Getreide (Kohlenhydrate, die entsprechend Ballaststoffe enthalten) erhielten, ein besseres fäkales Mikrobenprofil aufwiesen, als solche, die Nassfutter oder kohlenhydratarme hausgemachte Rationen erhielten.
Als besseres fäkales Mikrobenprofil wurde dabei ein Profil eingestuft, das vermehrt Milchsäurebakterien enthielt und vermindert potentiell pathogene Keime wie Clostridien oder auch Salmonellen.
Es hat sich auch gezeigt, dass die Zufuhr von Präbiotika bei Hunden ebenso wie bei Menschen positive Auswirkungen auf das Immunsystem haben kann.
Ackerbau oder Jagd?
Bei Hunderassen, die ursprünglich an große Mengen Fleisch angepasst sind, wie z. B. Huskies, wird die Reaktion auf Ballaststoffe weniger positiv ausfallen. Ihre Darmflora ist entsprechend anders zusammengesetzt.
Bakterien wie z. B. Prevotella, die Ballaststoffe aus pflanzlicher Nahrung verwerten, sind wohl ebenso wie bei den Eskimos deutlich weniger vertreten. Deren Speiseplan enthält nämlich traditionell aufgrund der klimatischen Bedingungen wenige pflanzliche Bestandteile. Dafür sind mehr Bakterien vertreten, die Proteine mögen. Es kommt also auch darauf an, ob Ackerbau oder Jagd die größere Rolle in der Entwicklung der Herkunftsregion gespielt haben.
Wie man den Darm des Hundes gesundhalten kann, ist also zu einem Großteil auch von seiner Herkunft abhängig und lässt sich nicht mit Formel X bewerkstelligen. Wer seinen Hund gut versorgt wissen möchte, sollte daher weder in die eine, noch die andere Richtung ideologischen Vorstellungen folgen. Besser wäre es, einen Blick über den Teller-, Napf- und auch Landesrand zu werfen.
Wie man Probiotika beim Hund anwenden kann, um eine ungesunde Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen, kannst du HIER nachlesen.
Quellen u. a.:
Auf den Müll mit der Theorie von der Domestikation des Hundes auf der Müllkippe: https://petwatch.blogspot.com/2018/11/auf-den-mull-mit-der-theorie-von-der.html?m=1
Similarity of the dog and human gut microbiomes in gene content and response to diet, 2018: https://microbiomejournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s40168-018-0450-3
Darmtyp: https://www.welt.de/gesundheit/article13580687/Und-zu-welchem-Darmtyp-gehoeren-Sie.html
Effect of dietary mannanoligosaccharide supplementation on nutrient digestibility, hindgut fermentation, immune response and antioxidant indices in dogs, 2017: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5426052/
Die intestinale Mikrobiota beim Hund, kleintier konkret 2017; 20(03): 37-38
Pre- und Probiotika – Wann der Einsatz bei Hund und Katze sinnvoll ist, kleintier.konkret, Enke Verlag, Ausgabe 2017; Brigitta Wichert
Atopic dermatitis and the intestinal microbiota in humans and dogs, 2016, Veterinary Medicine and Science Published by John Wiley & Sons Ltd.: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/vms3.24
Liebe Anke,
ich finde Deine Beiträge sehr interessant-Danke dafür,ich selbst habe für derartige Recherchen oft keine Zeit.
Erschwerend kommt die Bauchspeicheldrüseninsuff.meiner 11-jährigen Volpinohündin,die in Italien ihre ersten 5 Jahre zu Zuchtzwecken mißbraucht wurde,hinzu,denn ich bekoche sie mit magerem Rind,Karotten,weichem weißem Basmati+Curcuma+Leinöl+tägl.7Blättchen Löwenzahn aus dem Garten+seit Wochen Symbio-Pet.
Sie hat immernoch wöchentlich 1 Brech-Anfall,aber insgesamt meinen wir,tut ihr v.a.Symbio-Pet gut.
Meine Frage:kannst Du zu diesem Thema noch Infos geben?Welches Dosenfutter empfiehlst Du,wenn ich mal nicht kochen kann?Habe Dein Ernährungsbuch,aber zu dem Thema gibt es leider keine Infos .Die Tierärzte sind auf diesem Gebiet leider nicht versiert,geben gerne Antibiotika…..
Vielen Dank für Deine Zeit und liebe Grüße von Birgit Deichelbohrer
PS:Wolke bekommt 4 Portionen tägl.Wir trauen uns nicht,den momentanen Speisezettel zu erweitern,schon gar nicht durch künstl.Nahungsmittelergänzungen.
Hallo liebe Birgit,
bitte schick mir doch mal eine Mail an kontakt@clean-feeding.de mit ein paar mehr Infos zu deinem Hund. Vielleicht kann ich dir den ein oder anderen Tipp geben.
Liebe Grüße, Anke
Wow, das ist ja mal ein super ausführlicher Artikel. Gerade auch mit den Darmtypen. Und die Quellenangaben sind so wichtig, da leider manche Blogs irgendwas ohne Belege behaupten. Respekt!